Etikettenschwindel Empfehlung
- geschrieben von -uss
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TRAFO klingt doch gut. Klingt nach Beschleunigung, nach ‚unter Strom stehen’ – nach Spannung. Groß geschrieben hat den Begriff die Kulturstiftung des Bundes. Er verheißt Modelle für Kultur im Wandel – speziell für den sogenannten ländlichen Raum. Rund 13,5 Millionen Euro lässt der Bund – auf fünf Jahre verteilt - dafür springen, modellhaft die Möglichkeiten zur kulturellen Ertüchtigung zu erkunden. Dafür hat die Stiftung bundesweit vier Regionen ausgesucht, „die exemplarisch für die vielfältigen Herausforderungen in strukturschwachen und ländlich geprägten Regionen stehen“. Eine davon ist die gesamte „Schwäbische Alb“. Eine Teil von ihr wird gerne als Region der Talente und Patente apostrophiert – Ostwürttemberg.
Nimmt man diese progressive Transformation näher unter die Lupe, könnte man mit dem Ergebnis vielleicht die Hobbits in Mittelerde beeindrucken. Tatsächlich entdeckt man viel alten Wein in neuen Schläuchen. Notabene: Dieser Wein schmeckt vorzüglich. Ohne sich verbiegen zu müssen, kann man die Talente um das Adjektiv „kulturelle“ erweitern. Hier gibt’s alles, was das Herz an hochkarätigen Produktionen der schönen Künste begehrt. Und schon lange haben deren Macher ihr Metier pädagogisch fundiert. Theater in der Schule? Ein alter Hut. Aktive Blicke hinter die Kulissen? Gehört zum Alltag. Musikschulen, Bildungseinrichtungen wie die Volkshochschulen und spezielle Institutionen kümmern sich um Kids und Erwachsene – in bemerkenswerter Vielfalt.
Das TRAFO-Prädikat „Lernende Kulturregion“ dürfte auf einer ausgeprägten Wahrnehmungsstörung beruhen. Diese hat allerdings einen unschönen tieferen Grund. Seit Jahren lässt sich der Rückzug von Bund und Land aus einer ihrer Kernaufgaben beobachten: der Kulturförderung. Im Land der Dichter und Denker investiert man sage und schreibe einen mickrigen zweistelligen Betrag in ein Projekt, mit dem sich die öffentliche Hand aus ihrer genuinen Verantwortung stiehlt. TRAFO ist nicht der Beginn einer Erfolgsstory, sondern das bittere Ende vom Lied. In dessen Refrain doch allzu gerne das wohlfeile Lob des Ehrenamts angestimmt wird. Ökonomischer geht’s nicht.
Wolfgang Nußbaumer