Bekenntnis zum Ensemble-Theater Empfehlung

Burkhard C. Kosminski Burkhard C. Kosminski Foto: Maks Richter

An den Württembergischen Staatstheatern Stuttgart steht zur Spielzeit 2018/19 ein historischer Wechsel an.

   Alle drei künstlerischen Sparten starten zum ersten Mal in der Geschichte des traditionsreichen Hauses in eine neue Intendanz. Bei der Jahrespressekonferenz der Staatstheater stellten der neue Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski und sein Stellvertreter und Chefdramaturg Ingoh Brux den Spielplan 2018/19 für das Schauspiel Stuttgart vor. Das umfangreiche Programm umfasst insgesamt 24 Produktionen, darunter sechs Uraufführungen und deutschsprachige Erstaufführungen, eine spartenübergreifende Produktion mit Oper und Ballett sowie drei Koproduktionen, u.a. mit dem renommierten Schweizer Theatermacher Milo Rau. Diskursive Formate mit Partnern wie der Robert-Bosch-Stiftung und dem SWR sowie zahlreiche Extraveranstaltungen und theaterpädagogische Angebote runden das Programm ab.

   Eröffnet wird die neue Spielzeit mit einem doppelten Premierenwochenende am 16. / 17. / 18. und 23. / 24. / 25. November und einer begehbaren Stadtraum-Installation des Künstlers Tobi- as Rehberger im Herbst 2018.

   Neben dem Schauspielhaus wird das Kammertheater zukünftig der zweite zentrale Spielort des Schauspiels sein.

   Burkhard C. Kosminski und sein Team bekennen sich klar zum Ensemble-Theater. 33 Schauspielerinnen und Schauspieler wurden fest engagiert; verstärkt wird das Ensemble durch zwei Mitwirkende der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart im Rahmen des einjährigen Schauspielstudios sowie durch Gäste aus dem In- und Ausland. Auch im Spielzeitheft 2018/19 steht das Ensemble im Zentrum. In Szene gesetzt wurde es von der britischen Fotokünstlerin Hannah Starkey an bekannten und unbekannten Orten in Stuttgart.

Warum denn nicht warum

   Unter dem Leitmotiv "warum denn nicht warum" will Burkhard C. Kosminski das Schauspiel Stuttgart als eine Plattform für Fragen und konstruktiven Dialog etablieren, wobei ihm drei große Themenkomplexe besonders am Herzen liegen: Stuttgart als eine moderne Stadt, anhand derer man Utopien zukunftsorientierter und nachhaltiger Stadtentwicklung entwerfen und diskutieren kann. Stuttgart als eine internationale Stadt und das Schauspiel als Denk- und Begegnungsraum für internationale Perspektiven und Identitätskonstruktionen. Und das Schauspiel Stuttgart als ein Ort für Literaturtheater, mit einem besonderen Fokus auf dem zeitgenössischen Autorentheater.

   Das Schauspiel Stuttgart wird sich verstärkt den Perspektiven internationaler Künstler*innen öffnen. Zur Spielzeiteröffnung inszeniert Intendant Burkhard C. Kosminski die deutschspra- chige Erstaufführung von "Vögel", des neuen Stücks des frankokanadischen Autors, Regisseurs und Theaterleiters Wajdi Mouawad. 2017 am Pariser Theatre national de la Colline von Mouawad selbst uraufgeführt, wird es auf Wunsch des Autors exklusiv am Schauspiel Stuttgart zu sehen sein. Die Aufführung spielt mit vier Sprachen (Deutsch, Hebräisch, Arabisch und Englisch) und wird international besetzt, u.a. mit dem israelischen Theater- und Filmstar und künftigen Ensemblemitglied Itay Tiran. "Vögel" zeigt beispielhaft an den Konflik- ten einer Familie mit arabischen, jüdisch-israelischen und deutschen Wurzeln die Brüchigkeitvon Identitäten und Biografien.

   Die zweite große Premiere inszeniert der junge britische Autor-Regisseur Robert Icke: eine moderne Bearbeitung der Orestie nach Aischylos. Icke wird aktuell als Shootingstar des briti- schen Theaters gefeiert – auch weil seine Überschreibungen von den Dramaturgien modernerHBO- und Netflix- Serien inspiriert sind. Die Orestie ist seine erste Arbeit in Deutschland. Außerdem wird in der ersten Spielzeit die Slowenin Mateja Koležnik "Medea" in Szene setzen, der Bosnier Oliver Frljić wird seine Sicht auf Shakespeares Klassiker "Romeo und Julia" präsentieren, der Katalane Calixto Bieito zeigt seine Inszenierung von Federico García Lorcas "Bernarda Albas Haus" und mit dem Schweizer Milo Rau, dessen NTGent und der Stadsschouwburg Amsterdam kooperieren die Stuttgarter für die Produktion "Der Genter Altar".

Literatur- und Autorentheater

   Eine weitere Herzensangelegenheit des neuen Schauspiel Stuttgart unter Burkhard C. Kosminski ist das Literatur- und Autorentheater. Zeitgenössische Autorinnen und Autoren werden für das Schauspiel und das Stuttgarter Ensemble neue Stücke schreiben und dabei ihre Sicht auf unsere Gegenwartreflektieren und zur Diskussion stellen. In der ersten Spielzeit stehen neue Texte von Wajdi Mouawad, Clemens J. Setz, Nis-Momme Stockmann (in Zusammenarbeit mit den Frankfurter Positionen) und Roland Schimmelpfennig auf dem Programm. Außerdem werden Texte von Theresia Walser, Elfriede Jelinek und Simon Stephens im Schauspielhaus sowie im Kammertheater zu sehen sein.

   Ein weiteres Highlight ist der genreübergreifende Theaterabend des Regisseurs, Bühnen- und Kostümbildners und bildenden Künstlers Achim Freyer, der dem romantischen Kunst- märchen "Der goldene Topf" von E. T. A. Hoffmann eine faszinierend moderne Gestalt verleihen wird.

Stadt und Stadtentwicklung

   Gerade in Stuttgart ist die nachhaltige und sozialverträgliche Stadtentwicklung eine der brenenden Fragen der Zeit. Wem gehört die Stadt? Welche Weichen müssen wir für die Zukunft stellen? Unter dem Titel "Probegrube" wird Tobias Rehberger eine begehbare Installation schaffen. Der gebürtige Esslinger ist einer der renommiertesten deutschen Künstler, 2009 gewann er den Goldenen Löwen der 33. Kunstbiennale in Venedig. Die "Probegrube" ist – wie alle Werke von Tobias Rehberger – eine Arbeit an der Schnittstelle von Bildender Kunst, Architektur und Theater. In der Form eines Amphitheaters wird er ein Modell des Rosensteinquartiers, des geplanten Stadtviertels nördlich des Hauptbahnhofs auf der aktuellen Stuttgart 21-Baustelle, vor das Schauspielhaus in den Oberen Schlossgarten bauen und als Denkraum der Stadtgesellschaft zur Verfügung stellen. Die Installation wird im Herbst 2018 für ein paar Wochen begehbar sein.

   Auch theatral will sich das neue Team mit der Stadt Stuttgart und der Region auseinandersetzen. Der Autor und Regisseur Gernot Grünewald nimmt sich in der zweiten Spielzeithälfte des Cannstatter Journalisten, Autors und Theaterkritikers Dr. Hans Bayer an, der unter dem Pseudonym Thaddäus Troll nicht nur in Stuttgart große Berühmtheit erlangte.

   Außerdem wird das Schauspiel in diskursiven Gesprächsreihen zum Ort für Utopien. Gemeinsam mit dem SWR denkt es über die „Neue Stadt“ nach, und zusammen mit der Robert- Bosch-Stiftung und der Stuttgarter Zeitung diskutiert es unter dem Motto „Theater trifft Wirklichkeit“.

Spartenübergreifende Koproduktion

   Der Neustart 2018/19 aller drei künstlerischen Sparten der Staatstheater ist Anlass für eine Koproduktion zwischen Schauspiel Stuttgart, Staatsoper Stuttgart und dem Stuttgarter Ballett. Das Herzstück dieser Inszenierung in der Regie von Anna-Sophie Mahler bilden "Die sieben Todsünden" von Kurt Weill und Bertolt Brecht.

 

 
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