Fasziniert vom Goldenen Schnitt Empfehlung

Marita Kraus Marita Kraus Foto: Peter Hageneder

„Malerei ist Datenstörung“.

    Damit hat die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ in ihrer aktuellen Ausgabe einen Beitrag über die Malerin Jutta Koethen überschrieben. Das klingt wie ein Postulat. Es beschreibt tatsächlich der Künstlerin erste Pflicht. Gleiches betreibt deren Kollegin Marita Kraus mit ihrer am Goldenen Schnitt orientierten Kunst, auch wenn deren Titel zu ihrer Ausstellung in der Galerie im Rathaus Aalen „Scheinbar Chaos“ scheinbar Ordnung suggeriert.

    Das Bild auf der Einladung zu der großen Schau, die Freitagabend vor entsprechend großem Publikum eröffnet worden ist, zeigt eine am Firmament explodierende Kugel. „Star Wars“-Fans würden sie sofort als ramponierten imperialen Kampfstern identifizieren. Sie träfen damit insofern ins Schwarze, als die Künste im allgemeinen und die bildende Kunst im besonderen per se erklärte Feinde jeglicher Diktatur sein müssen, weil diese ihnen die Freiheit nähme.

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    Zwar hat Aalens OB Thilo Rentschler die Herberge der Kraus-Bilder als ihnen deshalb adäquate „Betonskulptur der Siebzigerjahre“ ironisch geadelt. Tatsächlich kommt sie in ihrer massiven Trutzburgenhässlichkeit einem Kampfstern eher nahe. Während deren Chef natürlich rein gar nichts mit dem düsteren Darth Vader zu tun hat. Die dunkle Seite der Macht bleibt in dieser Ausstellung draußen vor der Tür.

     Menschen ohne Film-Tunnelblick erkennen, dass die Kugel aus spiralförmig angeordneten quadratischen Flächen besteht, die offenkundig einem Ordnungsprinzip gehorchen – der Fibonacci-Folge. Das nach einem frühen italienischen Mathematiker benannte „Naturgesetz“ beschreibt eine unendliche Folge natürlicher Zahlen, die aus der Addition mit der jeweiligen Vorgängerzahl erfolgt (1+1 2 3 5 8 13.....). Bei vielen Pflanzen ist in der spiralförmigen Anordnung der Blätter und Fruchtstände diese Fibonacci-Folge zu erkennen.

      Der Ulmer Mathematik-Professor Franz-Josef Rademacher hat sehr klug und eloquent erklärt, was die Kunstwelt der Marita Kraus im Innersten zusammenhält: „Ihre Bilder rekonstruieren in gewisser Weise die Natur.“ Der Rest seiner Zahlenjonglage rund um den Goldenen Schnitt, Einsteins Erkenntnisse bis hin zur Quantenphysik hinterlässt beim Publikum beredtes Staunen. Wo doch der sympathische Wissenschaftler den Zweck seines Fachs gerade darin sieht, „die Welt besser verstehen zu lernen, als auf der Ebene des Gefühls“.  Sei’s drum. „Die Künstlerin strahlt wegen der Mathematik – auch wenn sie’s vielleicht nicht weiß“, bringt er alles und alle unter seinen großen Hut. Wir ziehen ihn vor ihm.

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    Das wissenschaftlich grundierte Gefühl für die Welt hat ihr Bruder, der verstorbene Physikprofessor und Chaosforscher Peter Richter,  bei Marita Kraus geweckt. Er habe sie auf den „Goldenen Schnitt“ gebracht, erklärt sie in ihren Dankesworten. 

     Mit dem in fünf Rubriken und zwei kugelförmige Skulpturen unterteilten Ergebnis ihrer Versuche, die Malerei als Erklärungsmodell für wissenschaftliche Erkenntnisse nutzbar zu machen, kann man sich vielfältig auseinandersetzen. Mit ganzen und beschädigten Kugeln in der „Zerbrechlichkeit der Weltordnung“; mit „Gesichtern im Goldenen Schnitt“; mit der „Sinnestäuschung“ für die ein virtuoses „Möbiusband“ steht; mit der „Ästhetik des Goldenen Schnitts in der Geometrie“ –  programmatisch dafür die wie alle anderen in Acryl ausgeführte Arbeit „Phi = 0,618, die nobelste aller Zahlen“ ; und mit den „Fraktalen in der Natur“.

      Hier docken die Bilder von Marita Kraus am engsten an die großformatigen Fotoarbeiten von Peter Kruppa an. Sie sind weit mehr als eine Dokumentation; dem Fotografen ist eine imposante Hommage an die Natur als geniale Formfinderin gelungen. 

     Unwiderstehlich auf reines Gefühl haben die „United Urban Jazzcats“ gesetzt, bei denen der OB der Donaustadt, Gunter Czisch, am Schlagzeug den Takt angibt. Uli Kuhn am Kontrabass und Joe Fessele am E-Piano komplettieren das Trio als verlässliche Begleiter der vitalen Sängerin Siyou.

Info: Die Ausstellung „Scheinbar Chaos...“ ist bis 1. Juli zu den Öffnungszeiten des Rathauses sowie Freitag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr zu sehen. 

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