Ein Trumpf, der sticht Empfehlung

Sand, Sand ist das Gebilde aus Menschenhand: "Sandtogether" Sand, Sand ist das Gebilde aus Menschenhand: "Sandtogether" Fotos: Privat

Nach 40 Jahren realer Arbeit kann sich der Gmünder Arbeitskreis Kultur bei seinem Jubiläumsfest im „Prediger“ das Spiel mit verschiedenen Realitäten souverän leisten. 

Er kann sogar auf Sand bauen, verlässlich. Und warum? Weil der Elan und die Kreativität der 20 Gründungsmitglieder bis heute Früchte trägt. So lobt der AK-Vorsitzende Rudolf Böhmler am Sonntagvormittag die vielen Mitglieder, die für die Sache der Kultur mit eigenen Ideen „förmlich brennen“.

   Wie das Trio „Sandtogether“. Den Sandmaler Christian Kaiser, den Schlagwerker Svend Renkenberger und die tanzende Schauspielerin Sarah Gros NF darf man als Inkarnation der AK-Idee begreifen, das Kulturstadt-Etikett mit vielfältigen frischen, frechen, wandlungsfähigen und wandlungsbereiten Initiativen zu begründen. Ein Etiketten-Schwindel insofern, weil es einem angesichts der Vielfalt der dauerhaften kulturellen Unternehmungen, die in den vergangenen vier Dekaden aus der Taufe gehoben worden sind, richtig schwindlig werden kann.

Aus Sand gebaut

    Wie eben bei der Performance „Sand-Fusion“. Zu den Klangrhythmen von Renkenbergers Percussionbatterie verwandelt Christian Kaiser die farbigen Sande auf seinem Lichtpult mit Pinsel, Schaber und Stift in atemberaubender Geschwindigkeit in eine kapriziöse Comic-Erzählung. Verfolgen kann man dieses Wunderwerk aus Kaisers Zaubersandkasten auf einer Leinwand. Staunt man noch, wie er aus abstrakten Farbkonturen eine Landschaft formt, auf die der Blick wenig später durch eine Autoscheibe fällt, fragt man sich wieder einen Moment später, wo das Abbild der Frau hinter dem Steuer plötzlich herkommt. Nicht wie Phönix aus der Asche – aber auch nicht als Venus, die Sandgeborene. Auf dem Lichtpult sitzt niemand. Also kann es sich nur um Schattenspiel handeln,  das den Kunstraum erweitert.

    Der magische Kaiser stellt den Schatten seines Models dann noch ganz frech und nackig unter eine Sanddusche, konfrontiert es mit der Qual der Klamottenwahl bis hin zu ihrem zufriedenen Spiegel-Bild. Wir dürfen das biegsame, zarte Wesen noch als Frau mit Mond erleben – und dankenswerter Weise ganz real und leibhaftig im engen roten Hängerkleid vor der Leinwand. Da muss sie nur noch schnell die Welt von rechts nach links bewegen. Keine Frage: Die schaffen das. Was für ein virtuoses, intelligentes, ironisch-verschmitztes und dazuhin noch hinreißend ästhetisches Spiel mit verschiedenen Realitäten – und das in der heimlichen Hauptstadt des Schattentheaters.

Personifizierte "Jazz-Passion"

     Was sonst noch geschah? Die Gitarristen der „Jazz-Mission“, Matthias Flum und Thilo Schimmele haben einleitend wunderschön „relaxed“ ihrer „Jazz-Passion“ gefrönt; die „Gmünder Bühne“ hat in Gestalt von Iris Spielvogel und Gisela Doneit  in einem handfesten schwäbischen Sketch männermordende „Tierliebe“ auf die Schippe genommen; der „Gmünder Autorenkreis“ hat die Buchstaben des Begriffs „KULTUR“ nach allen Regeln der Wortkunst auf ihren inhaltlichen Gehalt hin durchdekliniert – selten war „Lebendiges Träumen“ aufschlussreicher; und der Stadtverband Musik und Gesang hat für seinen musischen Beitrag zum Fest das unlängst beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ preisgekrönte Posaunenquartett der Städtischen Musikschule mit Laura Gross, Ferdinand Bächle, Simon Geiger und Adrian Sommer aufgeboten. Eine gute Wahl, wie die Interpretation der „Fanfare brillante“ von Nathanael Farrell gezeigt hat.

Dr. Rudolf Böhmler

     Zuvor hatte Rudolf Böhmler in aller Kürze die letzten 40 AK-Jahre Revue passieren lassen und einen erwartungsvollen Blick in die Zukunft geworfen. Kurz fassen konnte sich der Staatssekretär und Bundesbankvorstand a.D. deshalb, weil alles Wissenswerte in einer Dokumentation zusammengefasst worden ist. Sein Fazit: „Kultur ist heute in Gmünd nicht mehr die Karo Sieben, sondern ein Trumpf, der sticht.“ Er hofft, dass dies auch für die Eröffnung des Schattentheater-Museums, für die gedeihliche Entwicklung der Jugendkunstschule und für die beiden „Schluss-Steine“ des „Predigers“ gilt, der seit der Gründung des AK auf dessen Agenda steht: ein Konzept für den Innenhof und die Gestaltung des Eingangsbereiches. In jedem Fall lautet für Böhmler auch künftig die Maxime „Mut ist gefragt“. Das gilt auch für die Suche nach seiner persönlichen Nachfolge. Denn er ließ durchblicken, dass er allmählich die Verantwortung in andere, möglichst jüngere Hände legen möchte.

"Graswurzelbewegung"

    Wenn wir OB Richard Arnold richtig verstanden haben, hat sich der Mut in Sachen „Prediger“ und Schattentheater-Museum bereits gelohnt. Bis 2019, dem Jahr der Remstal Gartenschau, wünscht er sich ferner das staufische Baujuwel, die Johanniskirche, in einem repräsentativen Zustand. Ohnehin setzt er auf den Faktor Kultur, der dank des Arbeitskreises in Schwäbisch Gmünd zu einer selbstbewussten und von keiner öffentlichen Hand gegängelten vielfältig blühenden „Graswurzelbewegung“ geworden sei. Dieses Bekenntnis zur Kultur folgt einer so einfachen wie überzeugenden Logik: „Immer wenn in Gmünd die Kultur die erste Geige gespielt hat, ist es der Stadt gut gegangen.“

 

Wolfgang Nußbaumer 

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