Mit Hingabe langweilen

Michael Krüger - Leipziger Buchmesse 2013 Michael Krüger - Leipziger Buchmesse 2013

Michael Krüger ist nicht nur ein bekannter Verleger, Übersetzer und Herausgeber –

er hat sich auch als Autor einen guten Namen gemacht. Zuletzt mit seinem Roman „Das Irrenhaus“. Aus ihm hat er jetzt in der Gmünder Literaturreihe „wortReich“ in der Stadtbibliothek gelesen.

 Signe Sellke, die Grande Dame der Lyrik in hiesigen Gefilden, hat ihn als Verleger von hohem Rang begrüßt, der den Carl Hanser Verlag in 27 Jahren „zu einer glänzenden Adresse“ gemacht habe. 40 Titel stehen auf seiner Veröffentlichungsliste: Bücher, die Essays, Erzählungen oder Gedichte als Inhalt haben; doch auch Kinderbücher hat der „Universalverleger“ geschrieben.

Der Pastorensohn ist vor 70 Jahren mit zwei Büchern aufgewachsen, wie er verraten hat: einer illustrierten Bibel und einem „Buch der Natur“; letzteres habe ihn in der Tat sehr geprägt. Doch nicht nur das, auch die protestantische Ethik muss ihn geprägt haben. Schließlich schreibt er in seinem neuen Buch über den Müßiggänger, „jemand, der sich vornimmt, nichts zu tun“ – für Protestanten, wie sie der Soziologe Max Weber beschrieben hat, eine nicht tolerierbare Lebensform und eine, von der ein erfolgreicher Verleger meilenweit entfernt gewesen sein muss.

Michael Krüger lässt die Lesung mit einem vorangestellten Zitat von Ernst Bloch, „einem mir sehr lieben Philosophen“, der in Tübingen gelehrt hat, beginnen und kommt schnell zum ersten Satz des Romans: „Zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich mich mit Hingabe langweilen.“ Schnell ist das Szenario skizziert: Durch ein Riesenerbe, ein größeres Mietshaus in München, von jetzt auf nachher vermögend, entschließt sich der Protagonist „alle falsche Vitalität, alles stumpfsinnige Mitmachen aus meinem Körper“ auszutreiben. Vergeblich – er schlittert in die Existenz des Vormieters seiner Wohnung, des Dichters Georg Faust!

Bei der Lesung wird den Zuhörern ein seltenes Glück zuteil: Man hört dem Autor zu, doch schnell wird das Gelesene zu etwas Innerem, und alsbald ist die Geschichte wie ein eigenes Erleben.

Im Anschluss an die Lesung plaudert der Verleger noch etwas aus dem Nähkästchen und verrät, was ein gutes Manuskript auszeichnet: Es dürfe nicht hergestellt und ausgedacht anmuten, sondern „einer gewissen Notwendigkeit“ folgen. Als Paradebeispiel führte er Franz Kafka und Joseph Roth an, „der immer vor Kraft bibbert“.

Birgit Markert

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