Mary muss man mögen Empfehlung

So singt's und klingt's mit "Supercalifragilisticexpialigetisch" So singt's und klingt's mit "Supercalifragilisticexpialigetisch" Foto: Johan Persson

Die Stuttgarter Musical-Bühnen haben einen neuen weiblichen Superstar, dem die Herzen nur so zufliegen.

Sie heißt Mary Poppins. Und sie heißt Elisabeth Hübert. Wie sie das zauberhafte Kindermädchen mit Herz, Verstand und Stimme verkörpert, ist zum Dahinschmelzen. Für die ganze Familie, von Sechs bis Siebzig.

   Irgendwann – und im Grunde viel zu früh, geht sie uns und ihrem so arg in sie verliebten Kumpel, dem von David Boyd als liebenswerten Schalk gezeichneten Lebenskünstler Bert durch die Lappen. Sprich: Mit Schirm und Charme schwebt sie von der Bühne über die Köpfe des Publikums hinweg hinauf in den Sternenhimmel des Apollo-Theaters. Doch weil sie nie stirbt, kommt sie bestimmt wieder.

     Nach dieser Himmelfahrt erheben sich Klein und Groß zu Standing Ovations von ihren Plätzen. Ihr rhythmischer Endlosbeifall der den Ohrwurm „Supercalifragilisticexpialigetisch“ begleitet, gilt neben der großartigen Hauptdarstellerin dem gesamten Ensemble und dem mit federndem Biss zur Sache gehenden Orchester.

    So eine Super-Nanny wünscht man sich. Ist plötzlich da, wenn’s brennt. Zickt nicht rum, sondern bringt mit liebevoller Strenge die ungezogenen Rangen im Nu zur Räson. Und ganz nebenbei das total gestörte Familienleben des unnahbaren Patriarchen und Bankers George Banks wieder ins Lot. Die Abenteuer und Spiele, die Mary mit ihren Zöglingen Jane und Michael unternimmt, werden für sie zu einer faszinierenden Schule des Lebens.

    In dieser Produktion stimmt alles. Der Sinn für das große Ganze mit jeweils einer fulminanten Tanzperformance vor und nach der Pause – und die Liebe zum wohl dosierten Detail. Das stellvertretend für die familiäre Situation stehende Grau Londons wird immer wieder durch einen Farbenzauber gebrochen, den der Maler Hundertwasser über diese Inszenierung gepustet haben könnte. Die geldgeilen Banker scheinen direkt aus Michael Endes grauen Zeitdieben rekrutiert worden zu sein. Als ihr lebensfroher Gegenpol sorgen die großartigen Schornsteinfeger ( „Chim Chim Cheree“) für klare Verhältnisse.

    Und dann dieses umwerfend schreckliche Desaster in der Küche, die einer Puppenstube gleicht – oder der Einkauf bei der vital raubauzigen Miss Cory (Anastasia Bain) der die Konversationen ausgegangen sind und nur noch ein par Buchstaben rumliegen hat. Zwischendurch als berührende Zäsur die Begegnungen mit der zerlumpten Vogelfrau (Betty Vermeulen), die Futter für ihre gefiederten Freunde verkauft.

    Man könnte noch vieles rühmend aufzählen. Besser noch: Hingehen, ansehen, träumen und staunen. Dieses tragikomische moderne Märchen aus dem London des frühen 20. Jahrhunderts ist sein – nicht geringes – Eintrittsgeld wert. Und vielleicht bringt die Mary aus dem Disneyland ja auch den Donald (Trump) zur Vernunft, mit Disziplin und Strenge. Sexistische Sprüche stopft sie ihm in den Hals zurück. Wieso sollen nicht auch Märchen Wirklichkeit werden – wenn es Albträumen gelingt. 

                                                                                                                                                                           John Wolf 

 

Info: Ticket-Hotline 01805-4444; www.stage-entertainment.de   

 

 

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